Jesaja 1

Einleitung

Der Erlöser wird kommen!


Jesaja ist der "König" der alttestamentlichen Propheten, wenn wir die gewaltige Schau von Gott, die Macht der Sprache, die Schönheit des Ausdrucks und die geistliche Tiefe seines Buches berücksichtigen. Gleichzeitig ist er aber auch der "Evangelist" unter ihnen. Das Buch des Propheten Jesaja wird deshalb von vielen als das bedeutendste Buch des Alten Testaments angesehen. Jesaja lebte in einer turbulenten Zeit, sah Reiche kommen und gehen, erlebte das Getöse eines weltweiten Umbruchs und hielt in einfachem Glauben fest an seinem Gott. Von allen prophetischen Büchern weist dieses Buch wohl am deutlichsten auf Jesus Christus als den Welterlöser hin. Der Prophet wirkte etwa von 750 v.Chr. an bis in die Zeit des Königs Hiskija. Nach jüdischer Überlieferung soll er unter Manasse den Märtyrertod gestorben sein. Demnach verkündigte er mehr als 60 Jahre lang Gottes Gerechtigkeit, warnte vor seinem Gericht und tröstete sein Volk.

Jesajas Buch ist kunstvoll in Chiasmen (sich spiegelnden Strukturen) aufgebaut, die sich im ersten Teil von Kapitel 1-35 um bestimmte Erzähltexte (Narrative) gruppieren. Der zweite Teil des Buches von Kapitel 40-66 enthält keine Erzähltexte, ist aber ebenso wie der erste chiastisch aufgebaut. Die Kapitel 36-39 bilden als zentrale Erzähltexte das Scharnier zwischen beiden Hauptteilen des Buches. Jesajas Verkündigung kann folgendermaßen eingeteilt werden: die Botschaft an das damalige Volk (Kapitel 1-39), die Botschaft vom kommenden Messias (Kapitel 40-66). Wir gehen davon aus, dass alle Teile des Buches von Jesaja selbst stammen.



Das Buch zeigt, wie Jesaja in einer turbulenten Zeit immer wieder auf den Retter Israels und der ganzen Welt hingewiesen hat.
 1  Dies ist die Offenbarung, die Jesaja Ben-Amoz über Juda und Jerusalem empfangen hat, als die Könige Usija, Jotam, Ahas und Hiskija [1] dort regierten

Ein rebellisches Volk

 2  Hört zu, ihr Himmel! / Du Erde, horch auf! / Hört, was Jahwe euch sagt! / "Kinder zog ich groß, / ich päppelte sie hoch, / doch sie lehnten sich gegen mich auf  3  Jeder Ochse kennt seinen Besitzer, / jeder Esel den Fresstrog seines Herrn. / Doch Israel begreift nicht, wem es gehört. / Mein Volk hat keinen Verstand."  4  Weh dem sündigen Volk, / der Sippschaft voller Schuld, / der Brut von Verbrechern, / dem verdorbenen Geschlecht. / Sie haben sich von Jahwe getrennt, / den Heiligen Israels verschmäht / und ihm den Rücken gekehrt  5  Wurdet ihr noch nicht genug bestraft, / dass ihr immer noch aufsässig seid? Das ganze Haupt ist wund, / das ganze Herz ist krank:  6  Von Kopf bis Fuß ist keine heile Stelle mehr, / nur Beulen, Striemen, frische Wunden, / nicht gereinigt, nicht verbunden, / und keine Salbe ist darauf  7  Euer Land ist verwüstet, / eure Städte verbrannt. – Und euer Ackerland? / Fremde verzehren seinen Ertrag, / und ihr seht ohnmächtig zu. / Es ist alles zerstört, / als hätten fremde Horden gehaust  8  Nur die Tochter Zion [8] steht noch da / wie eine Hütte im Weinberg, / ein Schutzdach im Gurkenfeld, / eine Stadt, die man behüten muss  9  Hätte Jahwe, der allmächtige Gott, [9] nicht einen Rest von uns übrig gelassen, / es wäre uns wie Sodom gegangen, / und wie Gomorra [9] wären wir jetzt [9]  10  Hört das Wort Jahwes, ihr Mächtigen von Sodom! / Vernimm die Weisung unseres Gottes, Volk von Gomorra!  11  "Was soll ich mit der Menge eurer Opfer?", spricht Jahwe. / "Ich habe es satt, dass ihr mir Schafböcke und das Fett von Mastkälbern verbrennt! / Das Blut von Stieren, Lämmern, Böcken mag ich nicht!  12  Wenn ihr in den Tempel kommt, / um vor mir zu erscheinen, / meine Vorhöfe zertrampelt – wer hat das von euch verlangt?  13  Lasst eure nutzlosen Opfer! / Euer Weihrauch ist mir ein Gräuel! / Neumond, Sabbat und andere Feste: / sündige Feiern ertrage ich nicht!  14  Eure Neumonde und Feste sind mir in der Seele verhasst. / Sie sind mir eine Last und ich bin es müde, sie zu ertragen  15  Und wenn ihr betet mit ausgebreiteten Händen, / verhülle ich meine Augen vor euch. / Auch wenn ihr mich noch so mit Bitten bestürmt, / höre ich doch nicht darauf. / Eure Hände sind ja voller Blut  16  Wascht und reinigt euch! / Schafft mir eure bösen Taten aus dem Weg! / Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun!  17  Lernt Gutes zu tun / und fragt nach dem, was richtig ist! / Den Unterdrücker weist in die Schranken! / Verhelft Waisen und Witwen zu ihrem Recht!"  18  "Kommt her, wir wollen sehen, wer im Recht ist!", / spricht Jahwe. / "Wenn eure Sünden rot sind wie das Blut, / werden sie doch weiß wie Schnee; / und wenn sie rot wie Purpur sind, / werden sie wie weiße Wolle sein  19  Wenn ihr willig auf mich hört, / dürft ihr die Früchte des Landes genießen  20  Doch wenn ihr euch weigert und widerspenstig seid, / sollt ihr vom Schwert gefressen werden." / Ja, der Mund Jahwes hat dies gesagt!  21  Wie ist zur Hure geworden die treue Stadt! / Sie war voller Recht, / Gerechtigkeit wohnte in ihr, / und jetzt hausen Mörder darin  22  Dein Silber ist Schlacke geworden, / dein Wein mit Wasser gepanscht!  23  Deine Führer – Aufrührer sind sie, / mit Dieben vereint. / Sie mögen Bestechung / und gieren nach einem Geschenk. / Den Waisen verhelfen sie nicht zum Recht, / und Witwen hören sie gar nicht erst an  24  Darum spricht Jahwe, der Herr, / der allmächtige Gott, / der Starke Israels: / "Wehe euch! / Ich werde mir Genugtuung verschaffen! / Ja, ich werde euch eure Feindschaft vergelten!  25  Meine Hand wird gegen euch sein! / Deine Schlacken werde ich ausschmelzen wie mit Laugensalz / und ausscheiden dein unedles Metall  26  Dann werde ich dir Richter geben wie früher / und Ratgeber wie zum Beginn. / Dann wird man dich nennen: 'Stadt des Rechts' und 'treue Stadt'  27  Zion wird durchs Recht erlöst, / und wer dort umkehrt, durch Gerechtigkeit  28  Doch Rebellen und Sünder trifft der Zerbruch, / wer Jahwe verlässt, kommt um!  29  Wer heilige Bäume verehrt, wird beschämt – schamrot, wer den Göttern Gärten pflegt  30  Wie eine verwelkte Eiche werdet ihr stehen, / wie ein Garten, der kein Wasser bekommt  31  Der Starke wird dann wie Zunder sein / und zum zündenden Funken sein Werk. / In Flammen gehen sie alle auf, / und es gibt niemand, der löscht."

[1]: ... Hiskija. Die vier Könige regierten von 790 bis 686 v.Chr. über das Südreich Juda.
[8]: Tochter Zion. Synonym für die Stadt Jerusalem und seine Einwohner.
[9]: der allmächtige Gott. Hebräisch: Zebaoth, das heißt "Heere" oder "Kriege". In der LXX wird der Begriff immer mit "pantokrator" = "Allherrscher" oder "Allmächtiger", wiedergegeben.
Sodom ... Gomorra. Städte, die Gott durch Feuer vernichtet hat, siehe 1. Mose 19,24-25.
Wird im Neuen Testament von Paulus sinngemäß nach der LXX zitiert: Römer 9,29





  















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